Leseprobe zum Artikel "Wunschdenken" Heft 5/2002 (Express-Ausgabe)

Bei der Lektüre des Erfahrungsberichtes eines Lesers zum Kauf eines Manta-A sträuben sich einem die Nackenhaare, denn eine dreistere Abzocke kann man sich nicht vorstellen! Daher wird dieser Erfahrungsbericht hier vollständig wiedergegeben, damit Ihr nicht auf eine ähnliche Masche hereinfallt:

Leser Jürgen F. erzählte mir neulich am Telefon seine Eindrücke von der Suche nach einem Manta-A. Alles begann für Jürgen im Mai 2002 mit einem Unfall. Sein vor drei Jahren wirklich gut restaurierter Manta-A (optisch 1900 SR, 2,0-E-Motor) wurde auf der Autobahn von einem Kleinlaster „abgeschossen“ und hauchte sein Leben rundum zerbeult an der Leitplanke aus. Trotz Zeugen, geklärter Schuldfrage und einwandfreier Abwicklung des Schadens durch die Versicherungen, bekam er nur 3.300.- Euro für seinen Wagen. Denn er hatte ihn damals nicht schätzen lassen und war ganz normal versichert.

Aber Jürgen steckte nicht auf und begann sofort nach dem Ausschlachten des Wracks mit der Suche nach einem neuen Manta-A. Dabei war es ihm zunächst egal, ob einen kompletten Wagen oder nur eine gute Karosse finden würde. So studierte er unzählige Anzeigen in der Presse, bei E-bay und auf den anderen Internet-Plattformen wie mobile.de usw. Die ersten Besichtigungen von Fahrzeugen fand zunächst im Umkreis von ca. 150 km rund um seinen Wohnort statt. Deren Ergebnisse ließen Jürgen allerdings daran zweifeln, ob es denn überhaupt noch einigermaßen gute Manta-A gibt. Angeboten wurde ihm nur Schrott, und das in allen Preis- und Zustandsklassen. Manchen Anbietern hätte Jürgen am liebsten noch seine Anfahrt in Rechnung gestellt. Wie können die Leute einem nur soviel Mist für so viel Geld anbieten. Keines der Besichtigungsobjekte war (entgegen der Offerten am Telefon!) fahrbereit, hatte TÜV, war komplett oder auch nur annähernd ohne großen Rostbefall.

Der Hammer war jedoch ein 75er GT/E, der als relativ original und mit neuem TÜV für knapp 3.000.- Euro angeboten wurde. Nach rund 200 km Fahrt traute Jürgen seinen Augen kaum, als er den Wagen zum ersten Mal sah. Er war mit der Rolle in Signalgrün gestrichen, kein Blechteil war ohne Beulen/Rost und die „GT/E-Streifen“ waren frei Hand in Zitterstrichen aufgemalt. Das wäre ja noch nicht so schlimm gewesen, doch nach Öffnen der Motorhaube kam ein 1700 N-Motor (natürlich nicht eingetragen) zum Vorschein, dessen einziges Highlight ein Sportluftfilter von K&N war. Der Rest des Motorraums bestand aus Blechflicken, die kaum noch einen Blick auf den originalen Untergrund zuließen. Der Innenraum war völlig verschimmelt, roch wie ein Müllhaufen und die Einzelteile stammten wahrscheinlich aus allen verbliebenen Manta-Wracks des Landkreises. Dass der Unterboden ebenfalls überall geflickt war, kannte Jürgen ja schon von andren Besichtigungen. Die Schweller und Längsträger aber, bestanden bei diesem Exemplar zu 100% aus GfK und Spachtel – das war wirklich mal was Neues. Wie gesagt, der Wagen hatte neuen TÜV und war laut Brief immer noch ein GT/E (auch vom Motor her). Jürgen weiß bis heute nicht mehr so genau, warum er den Wagen nicht sofort in sein Herz geschlossen hat...

Mittlerweile war es Ende Juli 2002. Jürgen hatte um die 2.700 km auf seinen Besichtigungstouren abgerissen und dabei ungefähr 30 Manta-A in Augenschein genommen. Mit dem Zustand der Angebote sanken auch seine Ansprüche, doch Hoffnung auf einen wirklich passables Auto hatte er immer noch. Nach reiflicher Überlegung beschloss er daher, etwas mehr Geld für einen neuen Manta-A ausgeben zu wollen. Er nahm sich die überregionalen Anzeigen noch einmal vor und fing wieder an per Telefon die teureren Offerten abzuklopfen. Dabei nervte er die Verkäufer aufgrund seiner Erfahrungen mit vielen Fragen und bekam noch mehr Antworten. Und er machte er noch die Erfahrung, dass selbst bei älteren Anzeigen die Fahrzeuge immer noch zu haben waren und zwar deutlich billiger!

Drei Autos besichtigte Jürgen daraufhin noch. Angebot 1 war ein AL 16S in Ziegelrot, Bj. 72, TÜV neu, Originalzustand, 160 tkm, 3. Hd. für 3.900.- Euro. Den nahm Jürgen nicht, weil die Innenausstattung völlig runter war und ein kapitaler Heckschaden nur laienhaft repariert wurde. Angebot 2 war ein AL 19S in Limonengrün (Erstlack), Bj. 73, Originalzustand, 2,0 E-Motor, 7x13 ATS und TÜV neu für 3.800.- Euro. Den nahm er auch nicht mit, obwohl der Wagen eigentlich ganz ok war. Aber beide Achsen, Getriebe und Motor waren völlig fertig (der Wagen hatte ca. 300 tkm runter) und damit war der Wagen zu teuer.

Angebot 3 war dann wohl endlich der ersehnte Volltreffer: AL 19S, Bj. 73, Schiebdach, 1997 restauriert, Citrusgelb, 120 tkm, TÜV neu, Preis 4.150.- Euro. Nach fast 500 km Anfahrt und einer ausgiebigen Besichtigung inkl. Probefahrt wurde Jürgen sich mit dem Verkäufer einig. Für 3.500.- Euro sollte Jürgen den Wagen eine Woche später abholen können, da der Verkäufer den Wagen noch solange benutzen wollte, bis sein neuer Wagen vom Händler zugelassen wurde. Der Manta war gut restauriert (zumindest laut der Foto-Dokumentation), optisch (bis auf ein paar Dellen/Kratzer) einwandfrei und oberflächlich betrachtet ohne Rost. Er wirkte gepflegt und stand stets in einer Garage. Jürgen leistete 500.- Euro Anzahlung und bekam neben dem Kaufvertrag auch noch Kopien von Brief und Schein ausgehändigt.

Eine Woche später stand Jürgen samt Überführungskennzeichen wieder auf der Matte und wollte den Wagen abholen. Die Garage ging auf und da stand tatsächlich ein Manta-A in Citrusgelb. Nur war das nicht das Auto, das Jürgen eine Woche zuvor gesehen hatte, obwohl der Verkäufer dieses behauptete. Die Überprüfung der Fahrgestellnummer ergab zwar, dass es sich um das Auto laut Brief und Schein handeln sollte. Doch schien der obere Windlauf schon einmal ausgewechselt worden zu sein. Und überhaupt: Der Wagen war zwar in Farbe und Ausstattung fast identisch, jedoch in deutlich schlechteren Zustand, hatte diverse große Dellen, war bestimmt vor 10 Jahren zuletzt lackiert worden und wirkte sehr verbraucht. Der Kauf kam natürlich nicht zustande und die Anzahlung wollte der Verkäufer auch nicht mehr rausrücken. Statt dessen beharrte er auf Abnahme des Wagens. Seitdem sucht Jürgen immer noch nach einem Manta, aber er fährt dafür keine großen Strecken mehr. Er hofft vielmehr auf einen Zufallstreffer in seiner Nähe. Denn der Streit mit dem Verkäufer dauert an und wird inzwischen vor Gericht verhandelt.

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